Korsika

Korsika
Kọr|si|ka; -s:
Insel im Mittelmeer.

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Kọrsika,
 
französisch la Corse [la'kɔrs], italienisch Cọrsica, Insel im Mittelmeer, gehört geologisch und ethnographisch zum italienischen Bereich, ist politisch eine Region Frankreichs mit den Départements Haute-Corse und Corse-du-Sud, insgesamt 8 680 km2, Hauptstadt: Ajaccio. Ein über 2 500 m tiefes Meeresbecken trennt die Insel von der 170 km entfernten französischer Küste (bei Nizza). Zur knapp 100 km entfernten italienischen Küste leiten ein seichtes Meer und der Toskanische Archipel über. Von der Insel Sardinien im Süden ist Korsika durch die flache, nur 15 km breite Straße von Bonifacio getrennt.
 
Die Insel erstreckt sich von Norden (Cap Corse) nach Süden (Cap Pertusatro) über 185 km; ihre größte Breite beträgt 85 km. Sie stellt ein stark zertaltes, wildes Gebirgsland dar, das im Monte Cinto 2 710 m über dem Meeresspiegel erreicht. Die Gebirgszüge sind im Westen und Süden aus Granit und Porphyr aufgebaut, im Osten und Norden aus junggefalteten Schiefern; sie sind weitgehend mit Macchie und Wald (Nadelholz, Buchen) bedeckt (1 500 km2 sind als Naturpark geschützt); auf den Höhen sind als Bergweiden genutzte Grasländer verbreitet. Die Westküste hat gute Naturhäfen. Die flache, zum Teil versumpfte und mit Strandseen (Étangs) gesäumte Ostküste ist buchtenarm (nur der Golf von Porto-Vecchio greift in sie ein). Das Schutzgebiet um das Cap Girolata (30 000 ha) wurde zum UNESCO-Welterbe erklärt. Es herrscht ausgeprägtes Mittelmeerklima; nur die Höhenlagen weisen kontinentalere Züge auf.
 
Die Insel hat 260 000 Einwohner, etwa zur Hälfte gebürtige Korsen; Schrift- und Amtssprache, heute weitgehend auch Verkehrssprache, ist Französisch. Da es kaum Industrie gibt, wandern viele junge Leute aus; die meisten kehren jedoch als Rentner zurück. Die Überweisungen dieser Festlandskorsen an ihre Familien spielen wirtschaftlich eine wichtige Rolle. Im Schwemmland an der Ostküste wurden in den 1960er-Jahren nach umfangreichen Meliorationsmaßnahmen zahlreicher Rückwanderer aus Nordafrika (»pieds-noirs«) angesiedelt, die hier eine moderne Acker- (Reb-, Zitrus- u. a. Spezialkulturen) und Viehwirtschaft betreiben. In der 600-1 000 m über dem Meeresspiegel gelegenen Höhenstufe finden sich ausgedehnte Edelkastanienhaine und bewässerte Obstgärten; bestimmend ist die Viehhaltung (Schafe, Ziegen). An der Küste wird Fischerei, v. a. auf Thunfisch und Sardellen, betrieben. Nach der Landwirtschaft ist der Fremdenverkehr von Bedeutung (Seebäder, Sommerfrische, Alpinismus, Wintersport). Rund ein Drittel der Beschäftigten ist im Staatsdienst tätig. Neben den Hafenstädten Bastia, Ajaccio, Bonifacio und Porto-Vecchio sind Sartène und Corte (mit Korsischer Universität) die wichtigsten Orte.
 
 
Aus der Jungsteinzeit und der älteren Bronzezeit stammen die ersten Spuren menschlicher Besiedlung, darunter megalithische Denkmäler (Dolmen, Menhire). An den Küsten der von ligurischen Stämmen besiedelten Insel errichteten schon die Phöniker Handelsniederlassungen. Ihnen folgten Griechen aus Phokaia (Kleinasien), die um 565 v. Chr. an der Ostküste Alalia (seit römischer Zeit Aleria) gründeten, dann Etrusker und Karthager. Seit 238 wurde Korsika von den Römern beherrscht, die es 227 v. Chr. der Provinz Sardinien anschlossen, die Bevölkerung aber erst Jahrzehnte später unterwerfen konnten. In der Kaiserzeit wurde Korsika eine eigene Provinz. Im 3. Jahrhundert n. Chr. setzte die Christianisierung ein, die im 4.-6. Jahrhundert zu einer Vorherrschaft der römischen Kurie führte, obwohl Korsika, nach Invasionen der Wandalen und der Ostgoten, dem Byzantinischen Reich (Exarchat Afrika) angehörte. Auf die Herrschaft der Langobarden (seit 725) und die Schenkung der Insel an den Kirchenstaat durch Karl dem Großen (774) folgten Einfälle der Sarazenen, die 1016 von Pisa (das dann 1077 von Papst Gregor VII. mit Korsika belehnt wurde) und Genua vertrieben wurden. Seitdem war Korsika Streitobjekt zwischen diesen beiden Städten; 1284 siegte Genua in der Seeschlacht bei Meloria und konnte bis 1347 seine Oberhoheit über die in Feudalherrschaften zersplitterte Insel gegen aragonesische Ansprüche (1296 hatte der Papst Aragonien mit Korsika belehnt) durchsetzen. Unter genuesischer Herrschaft kam es häufig zu Aufständen, seit 1396 mischte sich auch Frankreich ein (1401-09 erstmals unter französischer Herrschaft). Eine Erhebung unter Führung des westfälischen Abenteurers Theodor Freiherr von Neuhof, der 1736 zum König ausgerufen wurde, scheiterte ebenso wie der Versuch des Korsen P. Paoli, ein unabhängiges Korsika zu schaffen (1755-69). Im Vertrag von Versailles (15. 5. 1768 verkaufte Genua Korsika an Frankreich, doch erst 1769 wurde der Aufstand endgültig niedergeschlagen. Ein Restitutionsversuch Paolis mit britischer Hilfe 1793-95 blieb Episode.
 
Während des Zweiten Weltkriegs war Korsika 1942/43 von italienischen und deutschen Truppen besetzt. Gegen Ende der 60er-Jahre entwickelten sich politische Organisationen, die für Korsika Autonomie forderten (besonders die »Union du Peuple Corse«, UPC, »Union des korsischen Volkes«) oder die Unabhängigkeit (v. a. der »Front National de Libération de la Corse«, FNLC, »Nationale Front zur Befreiung Korsikas«). Diese Bewegung radikalisierte sich in den 70er-Jahren. 1982 erhielt Korsika Autonomierechte (1982 erste Wahl eines Regionalparlamentes). Das Ziel der korsischen Parteien blieb jedoch die politische Unabhängigkeit. Dafür organisierten sie zahlreiche Terroranschläge, v. a. auf Einrichtungen des französischen Staates. Der FNLC wurde 1983 verboten und existiert seitdem im Untergrund weiter (als FNLC-Canal historique). Seine politische Ziele werden offiziell durch die »Cuncolta Naziunalista« vertreten. Daneben agieren andere, zum Teil rivalisierende Gruppen, sodass die mehrmals verkündete Waffenruhe kaum praktiziert wurde. Seit 1992 hat die Insel ein neues Autonomiestatut. Als »Collectivité territoriale« (mit Parlament und Exekutivausschuss) hat Korsika weitgehende eigene Kompetenzen v. a. im wirtschaftlichen und sozialen Bereich. Auch damit wurde die Insel nicht befriedet. Enge Verflechtungen zwischen Terroristen und organisierter Kriminalität sowie bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen den Gruppen ließen bisher alle - in der Öffentlichkeit umstrittenen - Geheimverhandlungen zwischen Zentralregierung und Separatisten scheitern.
 
 
J. Boswell: Corsica (a. d. Engl., 1986);
 
Histoire de la Corse, hg. v. P. Arrighi (Neuausg. Toulouse 1986);
 A. u. F. Rother: K. (41986);
 G. Camp: Préhistoire d'une île. Les origines de la Corse (Paris 1988);
 F. Gregorovius: K. Histor. Skizzen u. Wanderungen (Neuauflage 1988).
 

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Kọr|si|ka; -s: Insel im Mittelmeer.

Universal-Lexikon. 2012.

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